Aufräumen

Es gibt da den Archetypus des „ich mach´ mal nix und schau mal was passiert“ neben dem „mal sehen ob sie wieder ausflippen, wenn ich mal nix mache und dann schaue was passiert“ und genauso den bedauernswerten „ich flipp gleich aus, wenn das nicht aufgeräumt wird“ sowie den armseligen Typus „ich räum dann mal auf“.

Diese Rollen sind in unserer Familie klar verteilt, die ersten beiden werden inbesondere von einem etwas älteren jungen Menschen in der Wohngemeinschaft mit Leib und Seele gelebt, die letzteren beiden Rollen von den eher erwachsenen Menschen.

Neulich, nach langer, unnützer Diskussion zwischen der Archetypus Rolle 3 und 4 wechselnden aufräumendsten Gattin von allen und dem Archetypus Rolle 1 und 2 wechselnden Pubertier, kam ich nach Hause und versuchte, mich von dem Takt im Blut der wütenden Gattin nicht anstecken zu lassen.

Im besagten Zimmer herrschte Grundordnung, sprich aus pubertierender Sicht oder anders ausgedrückt, sie fand selbst nichts mehr in ihrem Chaos. Die Tür schließen und es einfach nicht sehen und sie darin schmoren lassen, war meine Devise und half auch der ermatteten Gattin sehr im Abbau der Stresshormone.

Weniger dagegen half dann, dass wegen eines bald zu liefernden neuen Sofas im Erdgeschoss nach Aufräumarbeiten ein ähnliches Bild herrschte, wenn auch bewusst herbeigeführt. Und noch weniger, dass im Zimmer der Kleinsten ein Lego-Turm stand, allerdings die noch nicht verbauten Zubehörteile zuzüglich allem übrigen, aus Sicht der Kleinen, sehr wichtigen Krimskrams, herumlagen.

Ich mischte mich dann doch ein, denn das „Wut-W“ in den Augen der Gattin war unübersehbar und mit der Vorgeschichte würde ein Blutbad folgen, und sprach zu den Kleinen, sie mögen jetzt doch bitte ihr Zimmer aufräumen.

Sohnemann, vom „Vorbild“ große Schwester trotz über Jahre infiziert, antwortete mit „gleich…“

Seine kleine Schwester hat noch nicht so viel „Vorbild“ und plärrte ihn ganz im Sinne von entspannender Gattin und Familienvater an „gleich heißt jetzt!!!“

Ich wusste es schon bei ihrer Geburt: sie wird eines Tages die Geschäfte der Familie übernehmen…

Übrigens: da das Wort „aufräumen“ bei jedem eine unterschiedliche Assoziation hervorruft, habe ich die Definition im Duden nachgeschlagen.

1.    (wieder) Ordnung in etwas bringen
2.    Wegräumen, an seinen Platz stellen, legen
3.    (emotional) wüten, Opfer fordern
4.    (mit etwas) Schluss machen, nicht länger bestehen lassen.
5.    Weiter werden Synonyme wie „tabula rasa machen, abschaffen etc.“ erwähnt

Die Definition im Duden machte mich dann doch nachdenklich. Meine ich beim nächsten Mal, wenn Pubertier nur noch eine Rettungsgasse durch ihren Müllberg im Zimmer freilässt, mit dem Begriff „aufräumen“ (gleich = jetzt!!!) dann, dass etwas in Ordnung gebracht werden muss, oder dass die Gattin wütet und Opfer fordert, oder dass es abgeschafft wird?

Ich muss mal mit meinem Therapeuten darüber sprechen …