Einmal Ritter sein…
durch seine Ritterkleidung mit echtem Schwert beeindruckt, gehört er doch einem Ritterverein bei. Und wie so ein Verein ist, so machen sie jedes Jahr ihr Vereinsfest, mit Reiterspielen usw. Und das kostet natürlich Eintritt. Und weil unsere taunus4family die Ritterspiele auf der Veranstalterseite bewirbt, dachte ich, vielleicht gibt es mal eine Freikarte für die Presse…
Weit gefehlt, wurde ich doch sofort zu Hilfsdiensten akquiriert – und wie soll ich da als Nachbar und guter Bürger des kleinen Ortes nein sagen?
Also stehe ich am Wochenende für zwei Stunden als Wachposten in mittelalterlichem Gewand mit Hellebarde vor Deutschlands zweitgrößter Festungsanlage und bin mächtig stolz, dass ich diese Burg bewachen darf. Natürlich grüßen mich rund 1.000 Menschen in den zwei Stunden, ich werde fotografiert und von Kindern bestaunt. Eines ist frech, behauptet, ich sei nicht echt. Ein böser Blick, ein Stampfer mit der Hellebarde, und das Kind weint und murmelt „war nur ein Scherz“ …
Die zwei Stunden sind herum, ich darf ein Ritterbier trinken (dringend nötig bei dem von 1.000 Menschen aufgewirbelten Staub in meinem Mund), krächze nach etwas Essbarem und fühle mich nützlich. Ein tolles Gefühl. Und ich denke seit drei Stunden mal nicht an den Alltag zu Hause. So schön der sein kann, so nervig er ist. Ob der Rasen gemäht ist, die Reparatur noch warten kann. Ob die Pubertät morgen noch aus dem Zimmer kommt beim Klettern über ihren Schmutzwäscheberg. Sie muss ja zur Schule! Alle Gedanken sind weg gewischt – ich schlürfe gierig am kühlen Trunk, plaudere mit anderen Alltagsflüchtlingen und erfreue mich der Abendsonne am Rittertisch.
Besonders lecker und dazu auch noch besonders lieb serviert die Kasspatzle mit hausgemachtem Apfelwein von Ulzi aus Augsburg. Der gute Mann fährt durch´s ganze Land und beglückt Besucher von Märkten mit seinen Leckereien. Dies soll natürlich nicht heißen, dass die anderen Stände nichts Leckeres hatten. Sau am Spieß, Met … so war´s vielleicht früher, auch wenn sich´ s keiner leisten konnte.
Jetzt warte ich nur noch auf den, der mich zum Ritter schlägt … Wo ist er denn? Wahrscheinlich muss ich dafür nächstes Jahr nochmal einen Torwächter-Dienst machen. Na gut …