Der Outsourcing-Weihnachtsbäckerei-Geburtstag
Leider ist ein geschicktes Outsourcing an zuverlässige Partner gebunden. Nachdem sämtliche Verwandtschaft hierfür nicht (mehr) in Frage kam, musste die geplagteste von allen Ehefrauen, die zwar backen kann – nur keine Plätzchen (!), den süßen Kleinen auf die immer wiederkehrende jährliche Frage „Backen wir Plätzchen?“, notgedrungen mal die Zusage erteilen: „Ja, wir backen Plätzchen“…
Innerlich hoffte sie, Tochter 1 oder 2 würden sich opfern, aber auch hier: Pustekuchen. Und nun? Weihnachten naht, die Bäuche schwellen langsam durch gekaufte Ware an, aber das selbstgebackene Plätzchen, das Event, das Kinderaugenleuchtenmachende Plätzchen backen fällt aus?
Da hatte der Familienvater die rettende Idee: der Kindergeburtstag der Kleinsten steht seit nun sieben Jahren eine Woche vor Weihnachten an. Eigentlich wünschte sie sich eine Feier im Tobezentrum „Indoor-Spielplatz“. Doch geschickte Manipulation führte zum erwünschten Ergebnis: eine Bäckerei in der Nachbarstadt bietet Plätzchen backen in der Backstube als Kindergeburtstag an.
Ob der Bäckermeister weiß, was er sich damit antut?
Nun, der Familienvater hatte schon einmal durch die große Glasscheibe eine Truppe Ausroll-Holz-bewaffnete Zwerge Teig plätten und ausstechen gesehen und dabei die Idee mit der eigenen Tochter gehabt. Also Termin gemacht, 17.12., alles prima.
Wir sitzen im Bus des ÖPNV, denn in der Vorweihnachtszeit ist das das beste Reisemittel.
Von A nach B in 45 Minuten, hier beginnt der Event. Der Event endet auf halber Strecke, der Busfahrer verkündet Umsteigen, da hier für ihn Schluss. Wir stehen mit sieben Kindern draußen im Kalten, der Bus ist weg, ein Kind jammert, seine Tasche sei noch darin…
Die genervteste Ehefrau von allen versucht sofort alle Telefonleitungen der Betreibergesellschaften zu erreichen, diverse Anrufbeantworter und ein hilfloser Call-Center-Mitarbeiter werden mit Nachrichten bombardiert, da kehrt besagter Bus auf der Gegenspur zurück. Der Familienvater stürzt sich todesmutig durch den Straßenverkehr auf den Bus, zwingt ihn zum Halt und rettet die Tasche. Ok, der Bus stand schon und der Fahrer musste nicht gezwungen werden.
Der nächste Bus bringt die lärmende Schar zur Backstube, jetzt wird es auch langsam Zeit. Ein Sack voll Flöhe ist nichts dagegen … Der Bäckermeister heißt herzlich willkommen und gibt sein meisterlich Bestes. Teig ausrollen, Plätzchen ausstechen, auf Bleche bugsieren … jetzt warten …
Wir Eltern gehen ein wenig spazieren und versuchen den Schmerz auf unseren Trommelfellen zu ignorieren. Noch 25 Meter entfernt hören wir die 120 Dezibel Lärm aus der Bäckerei, denn WARTEN ist wahrlich nicht die Königsdisziplin unserer kleinen Racker. Sie wollen Bewegung (in einer Backstube) und Plätzchen. Den rohen Teig haben sie schon zuvor vertilgt, jetzt wollen sie die veredelte Version, doch die sind noch zu heiß.
Der Bäckermeister bewahrt Contenance, ich bewundere ihn. Wahrscheinlich hätte ich Klein-Ottokar und Mini-Brunhilde nach wiederholter Aufforderung zu Anstand mit einem Backblech zur Ruhe gebracht. Er bewahrt Haltung und irgendwann sind die Plätzchen fertig. Alle freuen sich, die Bäuche schwellen jetzt endlich durch selbstgebackene Plätzchen an.
Outsourcing funktioniert heute so!
Aber jetzt noch nach Hause, also alle durch den dunklen Adventnachmittag zur Bushaltestelle. Einsteigen, losfahren, es ist nicht weit … eine nette mitreisende Unbekannte ist so freundlich und opfert kurz vor dem Ziel eine Plastiktüte. Unsere kleine Tochter ist kreidebleich, zu viel frischer Teig und gebackene Plätzchen, jetzt geht´s ihr besser. Warum rast dieser Fahrer auch wie ein tschetschenischer Freiheitskämpfer, wenn er sieben Zwerge im Bus hat? Nun, vielleicht wegen der 120 Dezibel? Ach was …
Ein wundervoller Outsourcing-Backstuben-Event geht zu Ende, wir sagen ein lautes Danke an den Bäckermeister! Und wenn Sie auch irgendwann mal die 120 Dezibel loswerden wollen …