Schulkinder
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Leben und Lernen an Ganztagsschulen

 

Die Zahl der Schulen mit Ganztagsbetreuung in Hessen steigt – sehr langsam….

Die Fakten

 

Im nächsten Schuljahr arbeiten 1197 von insgesamt 1670 Schulen in Hessen ganztägig. Von diesen insgesamt rund 1.700 Schulen sind es aber nur exakt 107 echte Ganztagsschulen. Aktuell sind es drei neue Schulen, die sich im neuen Schuljahr zu echten Ganztagsangeboten verpflichtet haben. Weitere 250 Schulen erweitern ihr bestehendes Angebot, 45 stoßen beim „Pakt für den Nachmittag“ dazu. An sieben Pilotschulen kann im nächsten Jahr zwischen freiwilligen und verpflichtenden Angeboten gewählt werden.

 

Was bieten Ganztagsschulen

 

Wie füllen ganztägig arbeitende Schulen die einzelnen Bereiche in der Praxis mit Leben?

 

Für ganztägig arbeitende Schulen in Hessen gab es bisher zwei mögliche Organisationsformen mit drei Profilen:

Profil 1
Ganztagsangeboten an mindestens drei Wochentagen von 7:30 Uhr bis 14:30 Uhr, Hausaufgabenbetreuung, Fördermaßnahmen sowie erweiterte Angebote im Wahl- und Freizeitbereich an. Die Teilnahme an diesen Angeboten ist für die Schülerinnen und Schüler freiwillig.

Profil 2
An allen fünf Schultagen pro Woche freiwillige Zusatzangebote von 7:30 Uhr bis 16:00 oder 17:00 Uhr. Unter anderem werden Förderkurse, Wahlangebote sowie den Unterricht ergänzende und erweiternde Arbeitsgemeinschaften und Projekte, die Betreuung von Hausaufgaben und Stillarbeit sowie die Teilnahme an offenen Sport- und Spielgruppen gewährleistet.

Profil 3
„Echte Ganztagsschule“, die an fünf Tagen pro Woche in der Zeit von 7:30 Uhr bis 16:00 oder 17:00 Uhr Betreuung, Unterricht sowie verpflichtende Ganztagsangebote für alle ihre Schülerinnen und Schüler oder für einen definierten Teil ihrer Schülerschaft anbietet. Die Teilnahme an den zusätzlichen Angeboten ist für die Schülerinnen und Schüler ganz oder teilweise verpflichtend.

Dazu kommt der „Pakt für den Nachmittag“, der die Entwicklung von Ganztagsangeboten im Grundschulbereich verstärkt und deren Ausbau unterstützt. Er beruht auf individuellen Vereinbarungen mit den einzelnen Schulträgern und soll eine verlässliche Betreuung der Kinder von 7.30 bis 17 Uhr ermöglichen.

Alle Profile haben eines gemeinsam – das Angebot eines warmen Mittagessens, altersgerechte Gemeinschafts- und Aufenthaltsräume sowie Spiel- und Ruhemöglichkeiten als Voraussetzungen, um in das Ganztagsprogramm des Landes aufgenommen zu werden.

 

Vorteile der Ganztagsschule

 

Für berufstätige Eltern sind Ganztagsschulen attraktiv, um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu garantieren. Sie haben keinen zusätzlichen Organisationsaufwand, die Betreuungssituation ist klar geregelt und es ist für eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung gesorgt.

Ihre Kinder sind normalerweise bis 16:00 Uhr pädagogisch betreut, eventuell auch noch länger. In dieser Zeit werden bereits die Hausaufgaben erledigt oder die Schüler werden individuell gefördert. Lernschwächen werden frühzeitig erkannt und hierzu Übungen gemacht. Ein weiterer Vorteil ist der soziale Aspekt. Die Kids verbringen außerhalb des regulären Unterrichts das Mittagessen und zusätzlich den Nachmittag in der Klassengemeinschaft – die Beziehung zwischen Schülern und Lehrern wird gestärkt.

Durch die Kooperationen mit Verbänden im Freizeitbereich können auch Schülern aus sozial schwachen Familien ein vollwertiges Freizeitangebot erhalten. Laut Steg- Studie bietet eine gute und rhythmisierte Ganztagsschule (echte Ganztagsschule) eine bessere individuelle, sowohl fachliche als auch soziale Förderung der Schülerinnen und Schüler. Die Schule wird zu einem Lern- und Lebensraum.

 

Nachteile der Ganztagsschule

 

Ein Nachteil der Ganztagsschulen könnte sein, dass Sie zunehmend pädagogischen Einfluss auf Ihre Kinder verlieren. Kritische Stimmen lassen außerdem verlauten, dass Schüler zu viel Freizeit einbüßen und gleichzeitig in den Schulen überfordert werden könnten.

Eltern, die für ihr Kind eine Ganztagsschule in Erwägung ziehen, sollten abwägen, ob der Besuch einer Ganztagsschule zu der Persönlichkeit ihres Kindes passt. Für manche Schüler ist ein ganzer Tag in der ungeliebten Klasse nicht die beste Wahl. Sie brauchen mehr Zeit für sich.

 

Bessere Schulen und gleiche Bildungschancen

 

Schulen können aber Halb- und Ganztagsangebote parallel anbieten. das hessische Schulgesetz sieht die teilgebundene Ganztagsschule ausdrücklich vor. Damit sich Eltern jedoch wirklich entscheiden können, muss für ihre Kindern ein hochwertiges Bildungsangebot über den regulären Schulunterricht hinaus gewährleistet sein, mit Vertiefungsübungen, Hausaufgabenbetreuung sowie sportliche und kreative Förderung.

Seit langem werden deshalb bessere Rahmenbedingungen für Ganztagsschulen gefordert, vor allem als gebundene und teilgebundene Grundschulen mit sieben Stunden Ganztagsunterricht pro Tag. Sie bieten mehr Chancengleichheit, weil der Lernerfolg nicht von der Förderung und Begleitung des Elternhauses abhängt oder davon, ob sich die Eltern die private Nachhilfe leisten können, sondern alle Kinder gleichermaßen erreicht. Eine Ganztagsschule, die ihr Potential allerdings entfalten soll, benötigt ausreichend fachlich qualifiziertes Personal, angemessene räumliche Bedingungen und ein darauf aufbauendes pädagogisches Konzept.

 

Bildung ist teuer, keine Bildung noch teurer

 

Die Bildungschancen von Kindern sollten nicht von der kommunalen Kassenlage abhängig sein. Bis mindestens 14.30 Uhr sollten für die Eltern grundsätzlich keine Gebühren anfallen. In manchen Regionen kostet die Nachmittagsbetreuung bis zu 200 Euro im Monat.

Ganztagsschule ist ein Kraftakt von Land, Kommunen und Bund. Aber Ganztagsschule bedeutet auch immer auch Prävention, Verminderung schulischen Scheiterns, Verbesserung des Sozialverhaltens von Kindern und Jugendlichen, bessere Vorbereitung auf die Arbeitswelt und reduziert damit auch Folgekosten eines unzureichenden Bildungssystems. Das relativiert auch die Kosten.

 

Wollen Sie wissen, wo die nächste Ganztagsschule in Ihrer Region ist?