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Warum digitale Bildung wichtig ist

Digitale Bildung ist nicht alles, aber ohne digitale Bildung ist in diesen Zeiten alles nichts

„Bildung ist die mächtigste Waffe, um die Welt zu verändern.“ Schon Nelson Mandela wusste um die besondere Bedeutung einer ausgereiften akademischen Erziehung für das wirtschaftliche und soziale Wohlergehen eines Staates. Gute Bildung für alle ist auch ein essenzieller Baustein für die Demokratie. Soweit die Theorie. In der praktischen Umsetzung ist dies oftmals mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden.

Die Bildungsinstitutionen in Deutschland sind nicht gut aufgestellt für den digitalen Wandel und kämpfen mit teils gravierenden inhaltlichen, strukturellen, methodischen und technischen Mängeln. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie kamen diese in der jüngeren Vergangenheit noch einmal in aller Deutlichkeit zum Vorschein.

Das Ende der Kreidezeit in den Schulen?

Not macht erfinderisch. Wir erlebten virtuelle Museumsbesuche, Sportstunden auf YouTube oder Programmier-Webinare für Kinder. In Zeiten der Pandemie boomen kreative Bildungsangebote. Es gibt viele tolle Angebote, die für die eigenen Kinder sinnvoll und lehrreich sind und an denen oft sogar die ganze Familie teilhaben kann.

Die Offenheit für digitale Bildungsangebote bei den Kindern, Eltern und Pädagogen steigt. Die Angebote werden nicht mehr nur voneinander getrennt, sondern als Ergänzung gesehen und die Potentiale miteinander verknüpft.

Ein ‚irre Aufholjagd‘ beim Digitalpakt

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz versprach Anfang des Jahres eine „irre Aufholjagd“ beim Digitalpakt für die Schulen. Die Aufholjagd ist nicht in Sicht.

Mittlerweise besteht der Digitalpakt aus vier Töpfen: fünf Milliarden Euro für die digitale Infrastruktur und jeweils 500 Millionen für Schüler-Laptops, Dienstlaptops für Lehrkräfte und IT-Administratoren in den Schulen. Die Fördermittel werden kaum abgerufen.

Woran es genau liegt, dass die Mittel nicht schneller abfließen, ist unklar. Als Anfang 2021 der Zwischenstand zum Jahresende 2020 vorgestellt wurde, hieß es, es sei eben weit komplizierter, Mittel für IT-Infrastruktur auszugeben, als schlicht Laptops zu kaufen. Dafür fehlen in vielen Kommunen auch die Fachkräfte, die das sachgerecht organisieren können – in den Schulen sowieso.

Oft stehen auch Kommunen als Schulträger auf der Bremse: Sie scheuen die Folgekosten der Digitalisierung – sei es für die Wartung, sei es für die regelmäßig nötige Auf- und Nachrüstung.

Wenn der Digitalpakt 2024 ausläuft, wären die Länder und Kommunen wieder allein zuständig für die Digitalisierung der gut 40.000 Schulen im Land. Die Kultusministerkonferenz fordert daher seit Längerem einen Digitalpakt 2.0.

Schaut man auf die einzelnen Länder, zeigen sich enorme Unterschiede – wenn auch auf allgemein sehr niedrigem Niveau.

Schulen anderswo

In Finnland wird viel Wert auf die Lehrer:innenausbildung gelegt, Studierende unterrichten von Anfang an und übernehmen sogar den Großteil des Unterrichts. Anleitende Lehrer:innen begleiten die Studierenden und unterstützen sie, ihren eigenen Unterricht zu reflektieren und zu analysieren. Lehrkräfte sind in Finnland verpflichtet, Forschung zu betreiben und streben eine Promotion an. Auf der Basis eigener Unterrichtsprojekte werden Forschungsprojekte durchgeführt. Studienplätze sind sehr begehrt und werden durch ein anspruchsvolles Auswahlverfahren vergeben.

Kooperation, Teamteaching, eigene Reflexion und Analyse sind grundlegende, selbstverständliche Bausteine.

Die Ausbildung in Deutschland sieht hier leider noch ganz anders aus.

Ist unsere Schule noch zeitgemäß?

Der uralte Beamtenapparat kollidiert mit dem radikalen, digitalen Wandel. Unser starres föderales Bildungssystem ist den Anforderungen nicht gewachsen. Schulen und Lehrer:innen wird zu wenig erlaubt, es fehlt an Mut, Experimente zu wagen und eigene Wege zu gehen. Die träge Bürokratie und das Einstimmigkeitsprinzip der Kultusministerkonferenz macht zudem unflexibel.

In Deutschland gibt es bisher aber keine Umsetzungsstrategie für die Zukunft der Schulen. Ideen für Konzepte zu digitalen Bildungsstrategien gab es zwar schon Anfang der 2000er Jahre. Sie wurden aber nie umgesetzt. Warum probiert man nicht in Modellprojekten neue Lernkonzepte aus, evaluiert sie und schaut dann, was im größeren Rahmen umgesetzt werden kann?

Einzelne Schulen, Vereine oder Initiativen haben sich derweil eigenständig auf den Weg gemacht und Ansätze unternommen, um Lehrer:innen im Bereich IT Fortbildung, digitales Lernen, Konzepten für Prüfungsordnungen und Noten fortzubilden oder aufzuzeigen, wie Inhalte vermittelt werden.

Das Ziel sollte es sein, unsere Kinder auf die Welt von morgen vorzubereiten, Innovation voranzutreiben und selbst das Prinzip des Lebenslangen Lernens zu leben. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Initiative ‚Schule im Aufbruch‘, die es seit Jahren gibt.

Im Fachcurriculum aller Länder wird gefordert, dass Schüler:innen neben dem Erwerb von Fachwissen wichtige Selbst- und Sozialkompetenzen ausbilden sollen. Dazu zählen die Fähigkeiten, selbständig zu lernen, kreativ zu gestalten oder nachhaltig und kollaborativ zu handeln. Diese Fähigkeiten werden im herkömmlichen Fachunterricht kaum ausgebildet.

Die Initiative ‚Schule im Aufbruch‘ hat  FREI DAY entwickelt, ein Lernformat, das Schüler:innen dazu befähigt, die Herausforderungen unserer Zeit selbst anzupacken und diesen mit Mut, Verantwortungsbewusstsein und Kreativität zu begegnen. Am FREI DAY lernen Kinder und Jugendliche, die Welt zu verändern.

Unser Schulsystem braucht ein Update

Eine zukunftsorientierte Schule mit Weitsicht vermittelt Sprachkompetenz und Kreativität, setzt auf Digitalisierung und zeigt auch, was Computer nicht können. Sie fördert Selbstdisziplin ebenso wie Stärken und begreift sich selbst als Lebensraum, in dem unsere Kinder an sich selbst wachsen können.

Der Markt für private digitale Anbieter ebenso wie sogenannte ‘Leuchtturm’-Schulen und -Lehrer in Deutschland beweisen wie Bildung zu Freiheit und Demokratie führen kann, wenn man Werte durch Handeln und eigenständiges Denken erfährt. Erfolgsversprechende Ansätze finden heute schon international vielfach Anwendung, werden in Deutschland aber weitestgehend ignoriert.

Die digitale Schule als normaler Standard

Die Schule als sozialen Ort zum Lernen kann nicht ersetzt werden, aber digitales Lernen sollte ein Baustein beim Wissenserwerb sein.

Deutschland ist in der Digitalisierung internationales Schlusslicht. Die Medienkompetenz von Achtklässlern liegt laut der internationalen ICILS-Studie im Vergleich mit 14 anderen Ländern nur im Mittelfeld. Andere Länder sind schneller. In Dänemark beispielsweise ist für mehr als 90 Prozent der Schüler:innen der Einsatz digitaler Medien im Unterricht Alltag. In Deutschland sind es vier Prozent.

Wenn unsere Bildungspolitik zeitgemäß sein soll, dann wird es künftig Digital-Transformationsmanager brauchen. Sie müssen die Schulen bei der Einführung zum digitalen Lernen begleiten, die flächendeckende Schulung von Lehrkräften betreuen, Systemadministratoren zur Seite stehen und für Aufklärung bei den Eltern sorgen.

65 Prozent unserer Kinder werden 2035 in Berufen arbeiten, die es heute in dieser Form noch gar nicht gibt. Die Digitalisierung verändert zahlreiche Berufsbilder. In der Industrie werden traditionelle und digitale Bereiche verschmelzen, die bislang kaum Berührungspunkte hatten.

Kernkompetenzen für die Zukunft werden deshalb sein: Selbstmanagement, kritisches Denken und Kreativität, Kollaboration und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen und Offenheit gegenüber neuen Technologien. Robotik, Künstliche Intelligenz, Biotechnologie und maschinelles Lernen sind nur einige der Entwicklungen, die die Geschäftsmodelle von Unternehmen und die Arbeit und Zusammenarbeit der Menschen verändern werden.

 

Fazit: In Deutschland bilden wir junge Menschen für unsere Vergangenheit aus, aber ganz sicher nicht für ihre Zukunft. Die Schule muss deshalb vor allem eines leisten – Kindern das Lernen zu lehren. Sie müssen zu mündigen Bürgern der digitalen Welt ausbilden. Das ganze System Schule braucht einen Neustart!

 

 

Quelle: Deutsches Schulportal