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Keine Werbung mehr für Zuckerbomben und salzige Snacks?

Gesund ist das nicht. Derzeit essen unsere Kinder gefühlt doppelt so viele Süßigkeiten und Snacks wie empfohlen, aber nur halb so viel Obst und Gemüse. Manchmal klappt es eine Zeitlang mit der gesunden Ernährung. Wir vermeiden es, ungesunde Lebensmittel wie Süßigkeiten und Limonade im Haus zu haben, probieren verschiedene Zubereitungsarten aus, um Gemüse schmackhafter zu machen. Ab und an schaffen wir es sogar, unsere Kinder in den Einkauf und die Zubereitung von Mahlzeiten einzubeziehen…
Doch all unsere Bemühungen verpuffen meist im NICHTs. Wir stehen ständig in Konkurrenz mit den Werbebotschaften für Snacks und Zuckerbomben, die über das Internet und sonstige Medien ungefiltert in die Kinderzimmer kommen. Auch der Medienkonsum unserer Kinder ist seit der Pandemie gestiegen.

Es sind drei Zahlen, die alarmieren: Im Durchschnitt sieht ein Kind pro Tag 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel. Mehr als 90 Prozent der Werbung, die Kinder im Internet oder im Fernsehen wahrnehmen, preisen Snack, Süßigkeiten oder Fast Food an. Viele der beliebtesten Sendungen bei Kindern unter 14 Jahren sind Familienshows und Fußballübertragungen. Werbebotschaften sind mittlerweile oft integriert und fügen sich wie kleine Filme oder Cartoons nahtlos in das eigentliche Fernsehprogramm ein. Bis zum achten Lebensjahr können Kinder Werbung und ihre Wirkung jedoch nicht einordnen und von anderen Inhalten hinreichend unterscheiden.

In Deutschland sind 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig, 6 Prozent davon adipös.

Schlechter Einfluss mit gesundheitlichen Folgen

Kinder und Jugendliche werden nachweisbar von Werbung beeinflusst, auch in ihrem Essverhalten. Da die WHO und UNICEF die Evidenz für den Einfluss der Werbung als eindeutig bewerten, hat die Weltgesundheitsorganisation ihre Mitgliedsstaaten schon 2010 zur wirksamen Begrenzung von Werbe- und Vermarktungsmaßnahmen von ungesunden Lebensmitteln mit hohem Gehalt an gesättigtem Fett, Zucker oder Salz aufgefordert. Um diesem Problem entgegenzuwirken, gibt es in einigen EU-Ländern wie Portugal, Spanien und Österreich bereits Einschränkungen oder Verbote für die Werbung von ungesunden Lebensmitteln an Kinder.

Was genau ist ungesund?

Als Grundlage für die Einschätzung, ob ein Lebensmittel zu viel Zucker, Fett oder Salz enthält, dient das sogenannte Nährwertprofil-Modell der Weltgesundheitsorganisation WHO. Die EU habe explizit erklärt, dass die dort festgelegten Werte Grundlage möglicher Regulierungsmaßnahmen sein könnten. Die WHO empfehle etwa für Frühstückszerealien pro 100 Gramm höchstens zehn Gramm Fett, 15 Gramm Zucker und 1,6 Gramm Salz.

Kinder schützen und Eltern unterstützen

Ärzte und Verbraucherschützer fordern seit langem Gesetze. Freiwillige Regelungen der Unternehmen haben jedenfalls bisher nicht dazu beigetragen, Kinder als besonders schützenswerte Verbrauchergruppe hinreichend zu berücksichtigen.

Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft plant jetzt, Werbung für ungesunde Lebensmittel zu verbieten, wenn diese sich explizit an Kinder unter 14 Jahre richtet. Dazu hat er einen Gesetzentwurf formuliert, der allerdings noch durch die Abstimmung mit den Bundesländern, den anderen Ressorts und vor allem mit den Koalitionspartnern muss.

Was heißt das nun genau?

Werbespots, die mit Kindern als Darsteller arbeiten und bei denen extrem zucker- fett- oder salzhaltige Snacks angepriesen werden, wären künftig verboten. Genauso verboten wäre eine gezielt kindliche Produktaufmachung für diese Produkte, etwa in bunten Farben oder mit Comic-Figuren. Zudem soll jede Fernsehwerbung für ungesunde Süßigkeiten zwischen 6 Uhr und 23 Uhr verboten werden. Das neue Gesetz deckt alle für Kinder relevanten Medien ab, von klassischem Fernsehen bis zur Werbung in Influencer-Videos auf Youtube. Auch für Werbeplakate soll es neue Regeln geben: Sie sollen nur mit bestimmten Abstand von etwa Schulen oder Spielplätzen aufgestellt werden dürfen.

Der Schutz der Kinder ist im Grundgesetz verankert, ebenso die körperliche Gesundheit und Unversehrtheit. Der Staat schulde Kindern nach der UN-Kinderrechtskonvention das „erreichbare Höchstmaß an Gesundheit“, nicht aber der Werbeindustrie das erreichbare Höchstmaß an Einnahmen durch Junkfood-Werbung.

Die Regulierung der Werbung ist damit auch ein wichtiger gesamtgesellschaftlicher Ansatz für den Kampf gegen Übergewicht und Diabetes mit allen persönlichen und gesellschaftlichen Folgekosten. Ein bisschen Bevormundung ist da absolut in Ordnung.

 

Fazit:

Wir erinnern uns an den Kampf um das Rauchverbot in Innenräumen?! Das was damals hochumstritten und inzwischen von fast allen akzeptiert. In 20 oder 30 Jahren werden wir uns fragen: War die Debatte damals wirklich ernst gemeint?