Hobby Hopping – Kinder und ihre Hobbys
Hobbys – Erst Töpfern, dann Fußball und dann Kung Fu – und wenn ja, wie lange?
Erinnert sich noch jemand an den Tag, an dem sein Kind Konzertpianistin wurde? Bei uns war es ein handelsüblicher Werktag, und meine Tochter hatte in der Grundschule mitbekommen, dass andere Kinder aus ihrer Klasse Klavier lernen. Das wollte sie nun auch.
Als Kind eröffneten mir farbige Aufkleber auf den weißen Klaviertasten eine faszinierende Welt der Musik. Jede Note hatte ihre eigene Farbe – C war gelb, H war braun und dazwischen erstreckte sich ein wunderschöner Regenbogen. Mit einem Stück Tesafilm befestigte ich kleine Papierstreifen auf den Tasten und malte auf einem Blatt Papier die Melodie von „Alle meine Entchen“ mit bunten Stiften auf: Gelb, Rot, Grün, Blau, Braun, Braun – Grau, Grau, Grau, Grau, Braun. Und ich übte. Drei Minuten, fünf Minuten. Bald beherrschte ich das Stück und gab ein umjubeltes Wohnzimmerkonzert. Doch nach dem Applaus verschwand ich zufrieden in meinem Kinderzimmer und erzählte stolz meiner Oma von meinem neu erlernten Klavierspiel. So endete meine Karriere als Pianistin. In den folgenden Jahren begannen bei uns zuhause längere Karrieren im Fußball, Einradfahrern, Gitarre spielen, Tennis und Geigenspielen.
Kinder und ihre wechselnden Vorlieben – ein Grund zur Verzweiflung?
Viele Eltern kennen solche Geschichten von Kindern nur allzu gut. Da ist das eine Kind plötzlich Feuer und Flamme fürs Ballett, weil ihre beste Freundin auch dabei ist. Das andere Kind meldet sich begeistert zum Artistik-Kurs an, während ein weiteres Kind Flötenunterricht nimmt und ein viertes begeistert Hallenhockey spielt. Doch nach ein paar Monaten ist alles wieder anders, viele haben bereits aufgehört und widmen sich einem völlig neuen Interesse.
Ein regelrechtes Hobby-Hopping, das Eltern manchmal zur Verzweiflung treibt. Doch Es es gibt keinen Grund, sich zu sorgen oder den Kopf darüber zu zerbrechen. Ganz im Gegenteil!
Prozess der Selbstfindung
Wer bin ich, was macht mir Spaß, welche Interessen habe ich? Das herauszufinden ist für Kinder sehr wichtig. Oft tun sich oft schwer damit, ein Hobby zu finden, das ihnen lange Spaß macht. Eltern stehen dann vor der Frage: Durchhalten oder Herumprobieren?
Hinter diesem Phänomen steckt viel mehr als bloße Unentschlossenheit – es ist ein natürlicher Teil des Entdeckungsprozesses, bei dem Kinder ihre Leidenschaften und Talente erkunden und herausfinden, was ihnen wirklich liegt. Also lassen Sie Ihre Kinder experimentieren und sich ausprobieren, denn wer weiß, welches Hobby sie als nächstes begeistern wird?
Beweggründe
Wenn Kinder bei einem Hobby bleiben, liegt dies oft daran, dass sie es gemeinsam mit Freunden ausüben oder regelmäßig Erfolge feiern können. Wenn diese Faktoren nicht gegeben sind, kann das Interesse schnell erlahmen. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies kein Versagen ist, sondern Teil des natürlichen Entwicklungsprozesses. Kinder lernen auf diese Weise, ihre eigenen Interessen besser einzuschätzen und herauszufinden, was ihnen wirklich liegt. Eltern sollten daher offen sein und ihre Kinder dabei unterstützen, verschiedene Aktivitäten auszuprobieren und ihre eigenen Vorlieben zu entdecken. Denn letztendlich geht es darum, dass Kinder Spaß haben und ihre Leidenschaften finden, egal ob es sich um kurzfristige Interessen handelt oder langfristige Hobbys entwickeln.
Was in Ordnung ist. So muss das sein. Kinder nehmen bis zu einem gewissen Alter ja auch sonst keine geraden Wege. Sie balancieren auf kleinen Mauern. Sie hüpfen von Kanaldeckel zu Kanaldeckel. Sie entdecken alle zwei Meter eine neue faszinierende Gelegenheit, um die Welt zu erforschen. Tote Käfer. Pappschachteln, in denen Schrott zum Mitnehmen liegt. Aufkleber auf Straßenschildern. Wie kämen sie dazu, von sich aus eine lineare Klavierkarriere einzuschlagen?
Hobbywechsel eine Frage des Alters
Es ist eher die Regel als die Ausnahme, dass Kinder in ihrer Kindheit und vor allem vor und während der Pubertät ihre Hobbys häufig wechseln. Eltern sollten daher nicht zu früh darauf hoffen, dass die Interessen ihrer Kinder eine langfristige Stabilität und Dauer bekommen. Während dieser Phase befinden sich Kinder in einem Prozess der Selbstfindung und der Erkundung verschiedener Aktivitäten. Es ist wichtig, dass Eltern diese Phase als normalen Teil der Entwicklung akzeptieren und ihren Kindern die Freiheit geben, ihre Interessen auszuprobieren und zu wechseln. Durch diese Erfahrungen lernen sie sich selbst besser kennen und entdecken, was ihnen wirklich liegt.
Das bedeutet jedoch nicht, dass sie keine langfristigen Hobbys entwickeln werden. Mit Geduld und Unterstützung können Eltern ihre Kinder dabei unterstützen, ihre Leidenschaften zu finden und ihnen die Möglichkeit geben, diese weiterzuverfolgen, wenn sie bereit sind, sich darauf zu konzentrieren.
Wie weit unterstütze ich mein Kind hierbei?
Die Frage nach dem Umgang mit den häufigen Hobbywechseln und dem Abbruch von Vereinsmitgliedschaften oder Instrumentenausleihen ist sicherlich eine Herausforderung für Eltern. Es gibt kein allgemeingültiges Rezept, da jedes Kind und jede Situation individuell ist. Es ist jedoch wichtig, dass Eltern eine ausgewogene Perspektive einnehmen und die Bedürfnisse und Interessen ihres Kindes berücksichtigen.
Es ist auch wichtig, die finanziellen Aspekte zu berücksichtigen. Vereinsmitgliedschaften und Musikinstrumente können kostenintensiv sein. Eltern sollten realistisch einschätzen, was sie sich leisten können und welche Prioritäten sie setzen möchten. Auch der Zeitfaktor spielt eine Rolle. Wie viele Nachmittage sollen Eltern in Schnupperstunden verbringen? Muss ich mein Kind irgendwann dazu anhalten, einfach weiterzumachen? Muss ich ihm beibringen, dass es sich auch mal durchbeißen sollte?
Wenn ein Kind plötzlich seine Begeisterung für eine Aktivität verliert, ist es wichtig, sich zu fragen, was dahinterstecken könnte. Liegt es am Sport selbst oder gibt es andere Hintergründe, wie zum Beispiel der Ausstieg des besten Freundes oder ein unpassender Kursleiter? Vielleicht ist auch die Anzahl der regelmäßigen Termine einfach zu viel für das Kind. Es ist wichtig, die Gründe dafür zu verstehen und entsprechend darauf einzugehen.
Auf der anderen Seite ist es ganz normal, dass jeder Mensch mal Durchhänger hat – das kennen wir Erwachsenen ja auch. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen und das Kind nicht überfordert ist, kann es durchaus motiviert werden, dranzubleiben. Dabei ist es natürlich nicht nötig, ein weinendes Kind zur Geigenstunde zu bringen. Dennoch wünschen wir uns alle manchmal etwas mehr Disziplin. Es geht darum, das richtige Gleichgewicht zu finden und das Kind behutsam zu ermutigen, dabei zu bleiben.
Wenn das Kind selbst keine Neigung zu einem Hobby zeigt, sollten die Eltern es nicht mit Druck zu etwas zwingen, was es selbst nicht möchte. „Hobbys sind ohnehin ein sehr erwachsenes Konzept – Kinder wollen meist einfach nur spielen.
Leider sind die Wege zwischen einem strengen Taktstockgewedel und einem lockeren Laissez-faire nicht immer klar gekennzeichnet – man muss sie selbst entdecken.
FAZIT:
Übrigens, mein Kind, das seine Karriere als Konzertpianistin nach dem kurzen Intermezzo mit „Alle meine Entchen“ beendet hatte: Einige Schuljahre später kam es nach Hause, setzte sich ans Klavier und spielte spontan einen Song von Pharrell Williams. Ich muss wohl ziemlich verblüfft ausgesehen haben. Meine Tochter erklärte, dass sie und ihre Freundinnen sich das Stück selbst beigebracht hätten, dank YouTube. Als ich sie fragte, ob sie vielleicht Klavierunterricht nehmen wolle, winkte sie ab und widmete sich lieber einem ihrer geliebten Hobbys.
Klug von ihr, denn wenn es vor 100 Jahren schon so etwas wie Hobby-Hopping gegeben hätte, hätte ich mit Sicherheit so manche Klavierstunde ausgelassen.