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Special: Wenn Eltern getrennte Wege gehen

Eine glückliche Ehe mit meinem Mann, ein Leben lang – so hatte ich mir das vorgestellt. Doch dann kam die Scheidung, nach ihr kam mein neuer Partner und irgendwann die Erkenntnis: Liebe hält sich nicht an Pläne.

Das Ende einer Beziehung mit Kindern ist für viele Eltern eine Katastrophe. Ein Fall aus dem sozialen Gefüge namens Familie. Das dachte auch ich damals, bis ich erkannte, dass die zerbrochene Familie die bessere sein kann. Es gibt ein Foto vom Vatertag, das meinen Ex, unseren Sohn und mich eng umschlungen in einem Erlebnispark zeigt – ein typisches Familien Selfie. Und aus unserem letzten Urlaub ein ähnliches Foto. Zwischen diesen beiden Bildern liegen eine Trennung, ein Auszug und der Beginn eines neuen Familienlebens. Das Foto vom Vatertag sollte unser letztes als vermeintlich intakte Familie bleiben – wenige Tage später sprach ich aus, was wir beide schon seit Monaten wussten: Als Paar waren wir gescheitert. Trotz einer Paartherapie, in der wir zwar zustimmend genickt hatten, aber im Alltag nichts umsetzen konnten, blieb der Erfolg aus.

Die Trennung hatte lange in der Luft gelegen und kam dann doch unerwartet und plötzlich. An dem Tag war unser Sohn krank und konnte nicht in die Kita. Mein Freund spürte, dass etwas nicht stimmte, und fragte nach. Ich musste es endlich aussprechen. Zwischen einer Videokonferenz und einem hustenden Kleinkind, das in einem anderen Raum Pettersson & Findus schaute, beendete ich unsere Beziehung.

Am Nachmittag verließ mein frischgebackener Ex-Freund die Wohnung mit den Worten: „Ich weiß nicht, wann ich wiederkomme.“ Nachdem mein Sohn eingeschlafen war, weinte ich auf dem Balkon und fragte mich, ob die Trennung gerechtfertigt war und ob unser ständiges Auseinanderleben Grund genug war. Doch ich war auch erleichtert. In den folgenden Wochen und Monaten bemühten wir uns, als Eltern in der neuen Situation vieles richtig zu machen.

Heute gelten wir bei Freunden und Bekannten als Vorzeigebeispiel für eine harmonische Trennungsfamilie. Wir sind stolz auf unsere Trennung, reden nicht schlecht übereinander, feiern gemeinsam und sind sogar zusammen in den Urlaub gefahren. Oft werde ich gefragt, wie uns das gelungen ist. Es erfordert viel guten Willen und wenig Rachebedürfnis in dieser belasteten Lebensphase. Gute Trennungen sind nicht nur eine Frage des Charakters; man kann viel dafür tun, vor allem in der Zeit, in der alles noch gut erscheint.

 

Übersicht:

  • Vorab für sich selbst Klarheit schaffen
  • Bindung fördern
  • Zusammen mit den Kindern sprechen
  • Familienberatung in Anspruch nehmen
  • Praktische Überlegungen anstellen
  • Trauer annehmen
  • Sich Zeit selbst geben

Vorab für sich selbst Klarheit schaffen

Autor und Coach Torsten Geiling, Inhaber der Coachingfirma TrennDICH, ist seit sechs Jahren geschieden und hat einen Ratgeber für Trennungswillige geschrieben. Seine Kinder waren damals sechs und acht Jahre alt. „Ich hätte damals auch jemanden gebrauchen können, der mich in diesem Prozess begleitet,“ sagt er.

Geiling betont die Wichtigkeit, sich über die eigenen Werte und die gewünschte persönliche Entwicklung klar zu werden, um die Chancen der aktuellen Beziehung besser beurteilen zu können. Er rät, sich vor der Trennung konkret mit den Konsequenzen auseinanderzusetzen, da Trennungen oft zu negativen Folgen wie dem Verlust der Familie des Partners oder eines Teils des Freundeskreises führen. Eine Beratung bei einem Scheidungsanwalt und das Kopieren wichtiger Dokumente, wie Geburtsurkunden, sind ebenfalls empfehlenswert. Ich selbst machte damals keine Kopien – mein Ex wusste nicht einmal, wo der Ordner mit den wichtigen Dokumenten war. Dennoch rechnete auch ich verschiedene Szenarien durch, sprach mit anderen getrennten Müttern und überlegte, wie unsere Wohnsituation im Falle einer Trennung aussehen würde.

Bindung fördern

Ein weiterer Grund, warum unsere Trennung einfacher verlief, war, dass mein Ex-Freund ein sehr engagierter Vater ist. Er übernahm von Anfang an die Verantwortung für unseren Sohn und nahm bereits im vierten Lebensmonat Elternzeit. Anfänglich erhielt ich im Büro häufig Anrufe, bei denen mein Sohn im Hintergrund laut schrie und mein Freund ankündigte, nächsten Monat wieder arbeiten zu wollen, da er es nicht mehr aushielt. Doch schon nach einigen Wochen unternahmen Vater und Sohn morgens gemeinsame Ausflüge und kamen erst am Nachmittag zurück. Heute weiß ich, dass diese enge Bindung die Grundlage dafür ist, als Familie gut mit der Trennung zurechtzukommen.

Bei uns funktioniert das Wechselmodell hervorragend. Unser Kind lebt abwechselnd bei beiden Elternteilen, im Gegensatz zum weit verbreiteten Residenzmodell, bei dem das Kind hauptsächlich bei einem Elternteil wohnt. Falk Becker, bekannt durch seinen Instagram-Kanal „Papa macht Sachen,“ betont die Bedeutung der ersten Lebensmonate für die Vater-Kind-Bindung. „Häufig hören wir von Vätern, dass sie in dieser Phase noch nicht viel mit den Kindern anfangen können. Wenn man diese enge Bindung nicht frühzeitig aufbaut und sich dann trennt, wird es schwierig, dies nachzuholen,“ sagt er. In solchen Fällen bleibt oft nur das Residenzmodell als Option.

Zusammen mit den Kindern sprechen

Viele Eltern beschreiben das Gespräch mit ihren Kindern nach der Trennung als „das schlimmste Gespräch ihres Lebens. Trotz allem sollte die Trennung von Respekt geprägt sein. Dafür kann es hilfreich sein, dass die Parteien, Weihnachten und Geburtstage immer als Familie zusammen feiern. Marianne Nolde, Autorin von „Eltern bleiben nach der Trennung,“ rät, den Kindern gemeinsam zu erklären, wie das Leben nach der Trennung aussehen wird. Dadurch werden Loyalitätskonflikte vermieden. Bei kleinen Kindern sollte dieses Gespräch erst stattfinden, wenn konkrete Veränderungen anstehen.

So war das damals bei uns: Unser Sohn war bei der Trennung zwei Jahre alt – das Gespräch mit ihm führten wir erst acht Monate später, als mein Ex endlich eine eigene Wohnung gefunden hatte.

Familienberatung einholen

Für unsere Eltern-WG schafften wir eine neue Matratze an, und mein Ex richtete sich im Wohnzimmer ein, wo er seinen Schreibtisch hatte. Ich blieb im Schlafzimmer. Wir teilten die Tage im Wechselmodell auf. Vor dem Umzug konsultierten wir eine Familienberatungsstelle, die uns riet, eine Umgangsvereinbarung schriftlich festzuhalten. Der beste Tipp war, bei kleinen Kindern kein Wochenmodell zu nutzen, da eine Woche für sie zu lang ist. Wir entschieden uns für das 2-2-3-Modell und nutzten einen separaten Google-Kalender. Es ist zwar kompliziert, aber unser Sohn schätzt es, dass er nie lange auf den jeweils anderen verzichten muss.

Praktisches bedenken

Zwei Haushalte zu unterhalten, ist kostspielig. Um die alte Wohnung zu behalten, vermietete ich eines der drei Zimmer. Die Kleidung meines Sohnes kaufe ich in großen Paketen auf Second-Hand-Plattformen und teile sie auf beide Haushalte auf. Das Spielzeug ist so organisiert: Bei Papa gibt es Eisenbahn und Playmobil, bei Mama Lego und den Paw-Patrol-Fuhrpark. Unser gemeinsamer Urlaub ging aus Kostengründen nach in Italien.

Getrennte Eltern müssen auch praktische Herausforderungen meistern, z. B. gibt es pro Kind nur eine Krankenkassenkarte. Als unser Sohn bei seinem Vater einen Pseudokruppanfall hatte, war die Karte bei mir. Ich erfuhr, dass ein Foto der Karte im Notfall ausreicht und die Karte nachträglich eingelesen werden kann – eine Erfahrung, auf die ich gerne verzichtet hätte.

Trauer zulassen

Neben den organisatorischen Aspekten ist die emotionale Dimension einer Trennung oft angsteinflößend. Wie geht man mit dem schlechten Gewissen um, dass die Kinder unter der Trennung leiden? „Die idealisierte Modellfamilie kann ein toller Ort sein, aber auch ein Schlachtfeld,“ sagt Trennungscoach Geiling. Kinder lernen vor allem durch das, was ihnen vorgelebt wird. „Kinder können sich für die dysfunktionale Beziehung der Eltern verantwortlich fühlen, was ebenfalls schmerzhaft ist.“

Die ehemalige Gutachterin Nolde betont, dass es wichtig ist, die Trauer der Kinder genau zu begleiten. Einige Monate nach dem Auszug seines Vaters äußerte unser Sohn Unmut über sein altes Kinderzimmer, während er die neue Wohnung „viel cooler“ fand. Ich vermutete, dass dahinter Traurigkeit über den Verlust eines wichtigen Menschen steckte. Daher ließ ich ihn zumindest im Kleinen mitgestalten. Gemeinsam suchten wir ein neues Kindersofa, einen Teppich und einen Kaufmannsladen aus. Das half.

Sich Zeit geben

Wie bei vielen Dingen hilft es, sich Zeit zu geben. Dass man sich kurz nach der Trennung gut versteht, ist selten, sagt Geiling. „Einen guten Umgang im Sinne der Kinder hinzubekommen, gelingt aber vielen.“ Kontakt zu halten ist hilfreich, da Kinder schnell lernen, wie sie Vorteile aus der Trennung ziehen können. Oft höre ich: „Bei Papa darf ich aber…“ Meistens zeigt ein Anruf, dass das nicht stimmt.

Wenn neue Partner ins Spiel kommen, verändert sich das Elternverhältnis. In unserem Fall kühlte es ab, als ich jemanden kennenlernte, besserte sich aber nach einigen Monaten. Neue Menschen erfordern Neuverhandlungen, was zunächst Angst macht. Aber das Leben im Wechselmodell ist nicht statisch. Viele Probleme lösen sich von selbst – der neue Partner blieb nicht lange.

 

Fazit: Eine Trennung ist praktisch für alle Kinder und Jugendlichen eine belastende Erfahrung. Wie stark die Belastung ist, hängt viel von der Vorerfahrung und der Familiengeschichte ab, aber auch vom Verhalten der Eltern während der Trennungszeit und den individuellen Fähigkeiten der Kinder, mit schwierigen Situationen generell umzugehen.