Kindergrundsicherung
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Kindergrundsicherung statt Kindergeld

Die Kindergrundsicherung – ein Statusupdate

Kinderarmut ist ein gravierendes Problem in vielen Ländern, einschließlich Deutschland, und kann schwerwiegende Auswirkungen auf die Bildung, die Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern haben. 2021 waren knapp 2,9 Millionen Kinder und Jugendliche und weitere rund 1,55 Millionen junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren von Armut bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse der Bertelsmann Stiftung. Die Stiftung forderte Gegenmaßnahmen von der Bundesregierung. „Kinder- und Jugendarmut bleibt ein ungelöstes Problem in Deutschland“, zitiert Zeit Online die Autoren der Studie. Die im Koalitionsvertrag versprochene Kindergrundsicherung müsse „schnellstmöglich“ beschlossen werden. Stand heute: Wir sitzen noch dran.

Gleiches Startkapital für alle

Eine Kindergrundsicherung soll sicherstellen, dass alle Kinder unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern eine angemessene finanzielle Unterstützung erhalten, um ihre Bedürfnisse zu decken und ein gleichberechtigtes Leben zu führen. Sie ist ein Vorschlag zur Umgestaltung des bestehenden deutschen Kindergeldsystems, um eine höhere finanzielle Unterstützung für Familien mit Kindern zu schaffen. Im Gegensatz zum derzeitigen Kindergeld, das sich an der Anzahl der Kinder und dem Einkommen der Eltern orientiert, würde die Kindergrundsicherung jedem Kind ein bestimmtes Mindesteinkommen garantieren. Derzeit ist es so, dass Eltern unterstützende Maßnahmen mühsam bei verschiedenen Behörden beantragen müssen. Was dazu führt, dass sehr viele Familien ihre Ansprüche gegenüber dem Staat nicht geltend machen. Die Kindergrundsicherung räumt damit auf. Alles soll einheitlicher, einfacher und gezielter werden.

Nach dem Plan des Familienministeriums besteht die Kindergrundsicherung im Wesentlichen aus zwei Geldbeträgen:

Grundbetrag

Der Grundbetrag für die Kindergrundsicherung soll laut Planung zumindest dem derzeitigen Kindergeld entsprechen. Aktuell sind das nach einer überraschenden Erhöhung zum Jahresbeginn 2023 – beim Kindergeld 250 Euro im Monat für jedes Kind. Alle zwei Jahre soll die Höhe des Betrags überprüft und unter Umständen angepasst werden. Klar ist: Der Grundbetrag der Kindergrundsicherung ist fix. Er kann nicht mit Sozialleistungen wie etwa dem Bürgergeld der Eltern verrechnet werden.

Zusatzbetrag

Der Zusatzbetrag soll neben einer Pauschale für Bildung und Teilhabe (aktuell 15 Euro) eine Kinderwohnkostenpauschale (derzeit 150 Euro) beinhalten. Im Gegensatz zum garantierten Grundbetrag, hängt der Zusatzbetrag aber vom Einkommen der Eltern ab. Dabei gilt die Formel, je höher das Einkommen, desto weniger Geld gibt es für die Familie. Ab einem bestimmten Jahreseinkommen gehen die Eltern sogar leer aus. Diese Grenze steht jedoch noch nicht fest.

Wer bekommt die Leistung?

Genau wie das Kindergeld soll die Kindergrundsicherung alle Kinder ab Geburt bis zum Alter von 18 Jahren unterstützen. Wer eine Ausbildung macht, kann die Kindergrundsicherung bis zum 25. Geburtstag bekommen. Studierende werden bis zum 27. Lebensjahr unterstützt. Geplant ist außerdem eine eigene Kindergrundsicherungsstelle, die dann auch auf die Daten von Berufs- oder Hochschulen zugreifen können soll. Volljährige Kinder, die nicht mehr im Haushalt ihrer Eltern leben, sollen den Betrag direkt erhalten.

Vorteile und Nachteile der Kindergrundsicherung

Befürworter einer Kindergrundsicherung argumentieren, dass die Kinderarmut reduziert wird und Kinder aus ärmeren Familien mehr finanzielle Stabilität bietet. Die Familien sind dadurch besser in der Lage, sich auf die Erziehung ihrer Kinder zu konzentrieren, anstatt sich Sorgen um ihre finanzielle Situation machen zu müssen. Die Kinder erhalten eine bessere Gesundheitsversorgung, mehr Bildungsmöglichkeiten und somit bessere Zukunftschancen. Eine Kindergrundsicherung könnte auch dazu beitragen, den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken, da sie allen Kindern die gleichen Chancen bietet und die Kluft zwischen Arm und Reich verringert.

Auf der anderen Seite gibt es Bedenken, dass eine Kindergrundsicherung die Arbeitsanreize für Eltern verringern könnte, da sie möglicherweise weniger arbeiten müssten, um ihre Familie zu unterstützen. Es gibt auch Bedenken, dass eine solche Maßnahme teuer sein könnte und dass es schwierig sein könnte, sie fair und effektiv zu verwalten. Auch ist noch nicht geklärt, welche Auswirkungen die Kindergrundsicherung für Unterhaltspflichtige, für Trennungseltern, für Steuerpflichtige, in Bezug auf soziale Leistungen, wie Wohngeld, BAföG hat.

Insgesamt ist die Einführung einer Kindergrundsicherung ein komplexes Thema mit verschiedenen Vor- und Nachteilen. Es ist wichtig, alle Faktoren zu berücksichtigen und eine umfassende Diskussion zu führen, bevor eine Entscheidung getroffen wird.

Bis die Kindergrundsicherung erstmals ausgezahlt wird, dauert es aber noch. Zunächst sollen die Eckpunkte im Kabinett beschlossen werden. Dann beginnt die Arbeit am ausformulierten Gesetzentwurf und 2025 soll die Kindergrundsicherung dann eingeführt werden. Dass es so lange dauert, liegt auch daran, dass die Kindergrundsicherung als eine der größten und komplexesten Sozialreformen der letzten Jahre gilt.

Fazit:

Die geplante Reform soll bisherige Leistungen wie Kindergeld, Kinderfreibetrag, Kinderzuschlag, Teile des „Bildungs- und Teilhabepakets“ und mehr bündeln – und auch ihre Zugänglichkeit vereinfachen. Die Grundidee klingt gut: mehr Verteilungsgerechtigkeit, weniger Bürokratie, digital. Gefragt ist ein sachliches, auch mittelfristig finanzierbares Konzept von Leistungen, primär Bildungsleistungen, die Kindern direkt zugutekommen und ihre Zukunft sichern. Die Kindergrundsicherung ist bislang nur ein politisches Vorhaben – wenn auch ein konkretes.