Mit Kindern und Jugendlichen über den Tod reden
Könnten sich die Deutschen die Todesart aussuchen, hätten sie einen klaren Favoriten: Abends ins Bett gehen, nicht wissend, dass es passiert. Dann einschlafen und morgens nicht mehr aufwachen. Die Realität sieht jedoch eher so aus, dass bei den meisten Menschen eine Leidensgeschichte vorweg geht und sie im Krankenhaus oder in einer Pflegesituation sterben. Manchmal passiert aber auch das Unfassbare. Jemand Nahestehendes stirbt plötzlich und ohne Warnung.
Was und wie es auch immer passiert, vom Sterben und dem Tod reden die meisten Erwachsenen nicht gerne. Erst recht haben sie Hemmungen, darüber mit Kindern zu sprechen. Aber warum ist das so? Es hat uns niemand beigebracht.
Unsere Generation heute ist die erste überhaupt, die ohne Krieg groß geworden ist und im Gegensatz zu unseren Großeltern oder Eltern mit dem Tod nie so konfrontiert war. Die Deutungshoheit lag lange bei der Kirche. Ärzte haben das Übermitteln schlechter Nachrichten, wie wenig Heilungschancen oder Todesnachrichten, einfach nicht gelernt und übermitteln dies meist sehr technisch. Auf Du und Du ganz normal darüber reden, kommt selten vor.
Doch jeder Mensch gerät früher oder später in Situationen, die ihn oder sie emotional belasten. Ein geliebtes Haustier stirbt, ein entfernter Verwandter, Nachbarn oder der Tod trifft einen Menschen in unmittelbarer Nähe von uns. Gerade Kinder werden oft instinktiv von Tod und Trauer abgeschirmt. Man will sie schützen und nicht belasten. Sterben, Tod und Trauer gehören jedoch auch zum Leben von Kindern.
Plötzlich ist alles anders!
Jemand, den du lieb gehabt hast, ist nicht mehr da! Papa, Mama, Oma, Opa, deine Schwester, dein Bruder ist gestorben! Der Alltag kehrt irgendwann wieder ein, doch nichts ist mehr so wie es war. Die Menschen im Umfeld der Trauernden tun häufig so, als wäre alles wieder wie früher.
Kleinere Kinder haben jedoch ein natürliches Interesse an diesen Themen. Sie wollen es oft ganz genau wissen: Wie fühlt sich das an, wenn jemand tot ist? Wie tief wird ein Grab ausgeschachtet? Wie ist ein Sarg ausgestattet?
Für Jugendliche gibt es wenige Räume, wo sie sich vertrauensvoll aussprechen können, ohne dafür belächelt zu werden. Nicht alle Cliquen und Peergroups sind geeignet Gefühle an- und auszusprechen. Jugendliche haben es deshalb oft noch schwerer als Kinder, Dinge zu benennen, die ihnen Angst machen oder die sie traurig machen.
Kinder und Jugendliche brauchen Trauerunterstützung
Kinder und Jugendliche trauern anders, aber genauso intensiv. Und sie brauchen Unterstützung dabei. Trauererfahrungen in der Kindheit und Jugend sind gerade deshalb prägend, da sie als erste Begegnung mit dem Tod ein besonderes Gewicht haben. Über den zu reden ist ganz gewiss keine leichte Aufgabe.
Gibt es überhaupt einen richtigen Umgang mit Trauer? Nein. Jede Trauer ist anders und drückt sich unterschiedlich aus. In Albträumen, in Wut, Aggression oder in einbrechenden Schulleistungen – manchmal erst nach Jahren. Trauer ist abhängig von der persönlichen Beziehung zum Verstorbenen, dem Alter, der entwicklungsbedingten Reife, der Ich-Stärke sowie den Vorerlebnissen.
Ein paar allgemeine Gedanken zum Gespräch mit Kindern über den Tod sind vielleicht dennoch hilfreich:
- Erwachsene sollten niemals ausweichen oder vertrösten, wann und unter welchen Umständen Kinder auch immer Fragen über den Tod stellen und darüber sprechen wollen. Ein Kind sollte nie zum Reden gedrängt werden.
- Egal welche Fragen gestellt werden, sie sollten alle offen und ehrlich, jedoch mit angemessener Einfühlungskraft und Vorsicht, beantwortet werden.
- Am Ende eines Gespräches sollte immer gefragt werden, ob das Kind mit der Antwort zufrieden ist bzw. ob die Antwort ausreicht.
- Statt angstmachende Antworten (Jeder muss einfach einmal sterben) sind eher Glaubensvorstellungen, bildreiche oder hoffnungsvolle Antworten z.B. aus der Bibel als großer Schatz der Trostmöglichkeiten zu sehen.
- Ist ein nahes Familienmitglied in Gefahr zu sterben, sollten Kinder behutsam, aber rechtzeitig auf dessen Tod vorbereitet werden. Die Gefahr eines Traumas durch das Gefühl des Ausgeschlossenseins ist sonst groß.
- Kinder sollen und können grundsätzlich an allen Ereignissen vom Trauergottesdienst bis zum Besuch des Grabes teilnehmen und auch aktiv werden. Sie können diese Wirklichkeit an der Seite eines vertrauten Menschen und in der Geborgenheit und dem Schutz dieser Person erfahren.
- Kleineren Kindern sollte der Besuch von Sterbenskranken eher am Anfang der Sterbezeit zu ermöglicht werden. Jugendlichen kann durchaus ein Gespräch mit sterbenden Menschen zugemutet werden.
Kinder und Jugendliche lernen so, dass Trauer eine natürliche Reaktion auf den Verlust ist und dass jeder ganz individuell trauert – so wie jeder ja auch eine unterschiedlich intensive Beziehung zu der Person gehabt hat.
Schaffen Sie einen Raum für einen offenen Umgang mit Ängsten, Sorgen und belastenden Gefühlen. Oder holen Sie sich Hilfe bei den vielen Organisationen und Institutionen, die Trauerbegleitung anbieten.
Das Frankfurter Kinderbüro hat zu dem Thema die Website ‚Können Engel fliegen‘ sowie das Medienpaket ‚Gespräche mit Kindern über das Leben und Sterben‘ für Sechs- bis Vierzehnjährige im Angebot, um Pädagogen und auch Eltern den Umgang mit diesem tabuisiertem Thema zu erleichtern. Kontakt via E-Mail .