Mobiquette für ein ruhigeres und entspannteres Leben

Jugendetikette in mobilen Social Media

Wer die Gesellschaft nicht entbehren kann, soll sich ihren Gebräuchen unterwerfen, weil sie mächtiger sind als er.
Adolph Freiherr von Knigge (1752 – 1796), deutscher Jurist, Beamter und Satiriker
Die Smartphones – die uns erst seit 10 Jahren begleiten – spielen eine immer wichtigere Rolle in unseren mobilen Leben. Einen Schüler, Studenten oder einen Arbeiter bzw. Angestellten heute vorzuschlagen, er solle auf sein Smartphone verzichten, ist genauso sinnvoll, wie das Auto einem Berufspendler wegzunehmen.

Dauerhafte Spannungen zwischen Schülern und Lehrern, Kindern und Eltern, Angestellten und Chefs entstehen durch dieses Verhalten. Dieses lässt sich mithilfe fünf einfacher digitaler Etiketteregeln gut kompensieren. Diese Regeln sind nichts anderes als die Umwandlung von gelernten Etikette- und Umgangsformenregeln:

Digitale Etikette Regeln

 

 

Der Anwesende ist im Gespräch immer die wichtigste Person und den Vorzug zu geben

Dies ist das Fundament aller Digitalen Etiketteregeln: Jede Person mit der Sie gerade sprechen hat immer Ihre volle Aufmerksamkeit verdient, seien es Ihre Kollegen, Ihre Frau oder Ihr Mann, Ihre Kinder oder Ihre Freunde. Denken sie immer daran, dass Sie in diesem Moment Ihr wertvollstes Gut an diese Person geben: Zeit Ihres Lebens. Sie signalisieren dadurch, dass Sie im Gespräch mal eben Ihre Facebook Statusmeldungen abrufen, eine Kurznachricht oder WhatsApp beantworten oder gar von einer Eilmeldung abgelenkt werden, während Ihr Gesprächspartner von seinem Erlebnis gestern Abend erzählt, dass diese Erzählung für Sie völlig uninteressant ist. Wie lange wird diese Person Ihnen noch persönlich von seinen Erlebnissen berichten?

 

 

In der Nacht bleibt das Smartphone vor dem Schlafzimmer

Dass die grellblaue Hintergrundbeleuchtung von Ihrem Smartphone schlecht für Ihren Schlaf ist, wissen sie bestimmt. Mit einem Jugendlichen, der bis vier Uhr morgens mit seinem Messenger Mitteilungen versendet, ist am nächsten Morgen nichts mehr anzufangen. Er lernt langsamer, wenn überhaupt noch und wird auch öfter krank. Das ist mittlerweile eine Volkskrankheit, wie schon einige unabhängige Studien aufgezeigt haben.Die Eltern sind jetzt gefragt, und zwar am besten gleich alle auf einmal: Regen Sie doch einfach einmal an einem Elternabend an, dass alle Schüler in der gleichen Klasse oder sogar Stufe ab sofort ihre Smartphones vor dem Schlafengehen vor dem Schlafzimmer an einem bestimmten Ort ablegen. Dann weiß jeder der Schüler, dass in dieser Zeit keine neuen Meldungen von Freunden herein kommen. Es wird keiner mehr das Gefühl haben, dringende Chatrunden-unter-der-Bettdecke zu verpassen. Alle Schüler sind ja zu diesem Zeitpunkt offline.Eine gesunde Digitale Etikette fehlt unserer Gesellschaft noch. Die letzten Jahre in der Entwicklung von Smartphones waren einfach viel zu schnell, um eine Entwicklung in dieser Richtung voran zu treiben. Ich plädiere dafür, dass die Elternrunden die künftigen Keimzellen dieser dringend notwendigen Entstehung der Digitalen Etikette sein sollen! Am besten wäre es, wenn auch wir Erwachsene uns an diese Regel halten werden.

 

 

© gewitterkind/fotolia.com

 

Die Besprechung und das Smartphone
Die Besprechung ist ein spezieller Fall der ersten Regel: Wenn Ihre Partner, Lieferanten, Kollegen, Gäste oder wer auch immer Ihnen ganz persönlich ihre Zeit zur Verfügung stellen, dann sollten Sie dieses Geschenk auch entsprechend anerkennen. Wenn Sie dauerhaft auf Ihr Smartphone schauen, sagen Sie dem Gastgeber damit: „Es gibt viel Wichtigeres als Dich!“ Durchaus kann dies sogar in bestimmten Fällen stimmen: In einer Besprechung, wo Sie feststellen, dass alle auf ihre Smartphones blicken, sollten Sie den
Sinn und die Struktur der Besprechungsart überdenken.

 

 

 

 

Lautlos bedeutet, dass der Vibrationsalarm aus ist

Es muss nicht das Klassenzimmer sein, wo alle paar Minuten aus irgendeiner Jacken- oder Hosentasche ein Summton ertönt. In persönlichen Gesprächen unter Freunden ist das angeblich lautlos gestellte Smartphone, das uns bei wirklich jeder Meldung Dringlichkeit allein aufgrund des Summtons einredet, fürchterlich lästig. Das Smartphone konditioniert uns darauf, die Aufmerksamkeit auf die Signale zu richten, die davon ausgehen. Ein Entzug ist schon lange nicht mehr möglich oder gar denkbar, es ist wie der Lärm des stetigen Straßenverkehrs um uns herum. Das summende Smartphone in unserer Hand kündigt aber keine lebensbedrohliche Situation an, die gleich folgen wird, so wie in der Steinzeit das Brüllen eines Säbelzahntigers. Wer mit Familie, Freunden oder Kollegen am Tisch sitzt, sollte sein Smartphone immer in den „Nicht stören“- Modus versetzen. Erst ab diesem Moment ist man wieder in der Wirklichkeit angekommen.

 

Es kann keiner Umgangsformen erwarten, der sich nicht selbst daran hält

Für Lehrer, Chefs, Eltern und viele weitere mit Vorbildfunktionscharakter gilt immer noch: Wer sich an die eigenen Regeln nicht hält, kann auch keine von seinen Schülern,Kindern oder Angestellten erwarten. Eine gesellschaftsverträgliche Mobiketikette zu entwickeln ist denkbar einfach, es verhält sich dabei wie mit Höflichkeit ganz generell: Wer will, dass sich andere Menschen an Umgangsformen halten, kann dies nicht einfach verordnen, wie ein Gesetz. Er muss es selbst annehmen und vorleben!Smartphones haben unsere Gesellschaft so radikal verändert, dass dabei in kürzester Zeit vieles einfach auf der Strecke geblieben ist. Umgangsformen sind dabei ein wichtiger Punkt, um trotzdem mit dieser Entwicklung Schritt zu halten. Dafür müssen diese Regeln entwickelt und kommuniziert werden. Fangen sie damit an und gehen Sie den ersten Schritt zur Digitalen Gelassenheit.

 

Zum Autor:

Der Gastautor beschäftigt sich in den sozialen Netzwerken und im realen Leben mit Umgangsformen und Etikette. 2016 hat er die Initiative „Young Digitale Media“ gegründet, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Schülern, Auszubildenden und Studenten die Vorteile aber auch Gefahren der Social Media Welt in kostenfreien Workshops näher zu bringen. Sie können Ihn über seine Website: www.braun.social per E-Mail: bernd@braun.social oder auch gerne direkt in den sozialen Medien kontaktieren.